Albrecht Fuchs
Albrecht Fuchs fotografiert seit 30 Jahren Künstler und ist damit fester Bestandteil der Fotokunst geworden. Seine Porträts erkennt man an ihrer außerordentlichen Qualität und Stilistik. Wir sind schon sehr lange große Fans und haben viele seiner Bücher in unserem Regal stehen. Wir fühlen uns geehrt, dass er bereit war uns ein Interview zu geben.
Wer ist die Person hinter den ausgezeichneten Portraits? Erzähl uns kurz von dir.
Ich wurde 1964 in Bielefeld geboren. Zu fotografieren begonnen habe ich schon in der Schulzeit. Ich hatte in meinem Elternhaus eine kleine Dunkelkammer. Von 1986 bis 1993 habe ich an der Gesamthochschule Essen Fotografie (Kommunikationsdesign mit Schwerpunkt Fotografie) studiert.
Am Anfang des Studiums war meine Fotografie eher von bildjournalistischen Ansätzen geprägt. Ich habe mit der Kleinbildkamera und ab und an mit der zweiäugigen Rolleiflex meines Vater, einem Hobbyfotografen, hauptsächlich in Schwarzweiß fotografiert. 1989 während eines halbjährigen New York Aufenthaltes, begann ich mich verstärkt mit dem Thema Portrait auseinanderzusetzen. Zunächst arbeitete ich noch mit der Kleinbildkamera aus der Hand.
Über meinen Kommilitonen Laurenz Berges lernte ich, die in New York lebende Fotografin, Evelyn Hofer kennen. Ihre klassischen Portraits aus dem Dublin der 1960er Jahre und ihre Künstler-Portraits aus New York waren für mich ein prägender Einfluss.
Die Liste der von dir Porträtierten liest sich wie das Who’s Who der aktuellen Kunstszene. Wie bist du zu deinem ersten Künstler-Portrait gekommen? Wann wurde eine Serie daraus?
Meine ersten Portraits in New York und in Essen waren von Menschen aus meinem Umfeld. Freunde, Bekannte und Studienfreunde waren meine Protagonisten. 1991 habe ich eine kleine Auswahl dieser Portraits an den Art Director des, damals recht bedeutenden, Frankfurter Allgemeine Magazins geschickt und zu meiner Freude einen ersten Auftrag für Portraits eine Snookerspielerin in England bekommen.
Die ersten Auftragsportraits waren von Politikern, Sportlern oder Wirtschaftsführern. Über meine Interesse an der Kunst, auch jenseits der Fotografie, entstanden parallel dazu Portraits befreundeter Künstler aus Essen, wie Antje Dorn, Jitka Hanzlová und dem Fotokünstler Jürgen Klauke. Über einen privaten Kontakt konnte ich den Komponisten und berühmten Filmmusiker Ennio Morricone in seiner palastartigen Wohnung in Rom portraitieren. Schon seit den späten 1980er Jahren habe ich mich für den Künstler Martin Kippenberger und seine Arbeit interessiert.
Meiner anfänglichen Scheu geschuldet hat es allerdings bis 1995 gedauert ihn zu kontaktieren und um einen ersten Portrait-Termin zu bitten.
Die Portraits von Martin Kippenberger, die an drei Terminen in Köln, St. Georgen und in Dawson City entstanden, waren für mich der Beginn für eine intensive Beschäftigung mit dem Künstlerportrait.
„Zur gleichen Zeit wurde auch die Fokussierung auf Portraits von Künstlerinnen und Künstler dezidiert zu einem Thema. Menschen zu portraitieren, der Akt des Portraitierens scheint mir ein Bedürfnis zu sein.“
Ein prinzipielles Interesse an einer künstlerischen Position – im positiven, aber auch im negativen Fall – und der Person dahinter, sind für mich eine wichtige Motivation im Hinblick auf die Auswahl der Portraitierten. Um mich aus einem Interview, das die Kuratorin Barbara Hoffmann-Johnson mit mir 2020 für den Katalog meine Überblicksausstellung „Albrecht Fuchs. Album. Portraits 1989 – 2020“ im Museum für Photographie Braunschweig geführt hat, zu zitieren.
Den Beginn meiner Serie datiere ich tatsächlich auf 1989, wenngleich die Mehrzahl der Portraits ab 1994/1995 entstanden sind.
Deine Fotografien sind meistens das ideale Zusammenspiel zwischen Portraitierten und Umgebung. Warum ist das so wichtig für deine Art zu fotografieren?
„Die Einbeziehung der Umgebung und das Einbetten des Portraitierten in ein Umfeld, das etwas mit ihm zu tun hat, ist für mich tatsächlich sehr wichtig. Ich gehe lieber einen Schritt zurück und versuche trotzdem keine zu große Distanz aufkommen zu lassen.“
Die Einbettung in den Umraum ist für mich ebenso elementar wie das Arbeiten in Farbe. Dies scheint einfach die Arbeitweise zu sein, die mir am ehestem entspricht. Dabei schätze ich Fotografen wie Robert Mapplethorpe und Richard Avedon, die mit ihrer Arbeit in Schwarzweiss und zumeist im Studio einen ganz anderen Ansatz hatten, sehr.
Deine Portraits sind eine Balance zwischen Inszenierung und Beobachtung.
Intuition spielt eine sehr große Rolle. Oft kenne ich die Location nicht und weiß nicht was mich erwartet. Das Bild entsteht in einem spontanen und intuitiven Prozess aus dem Dialog mit dem Portraitierten und meiner direkten Beobachtung heraus. Die Arbeit vom Stativ ist für mich sehr wichtig, damit die Portraits nicht zu beiläufig und schnapsschussartig werden.
Manchmal stelle ich auch eine Situation nach. Das Portrait von Martin Kippenberger, fernsehend auf einem Franz West Sofa in seinem Atelier, entsprach dem Bild, das sich mir bei meiner Ankunft dargeboten hat. Da ich nicht mit künstlichen Licht und festen Aufbauten arbeite, entstehen meine Bilder trotz meiner statischen Arbeitsweise schnell und aus der Situation heraus.
Woher kommt diese vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Fotografierten?
Das vermag ich selbst nicht genau zu sagen. Oft kenne ich die Personen vor der Kamera ja nicht wirklich und es gibt auch nicht immer Zeit für ein längeres Gespräch vorab. Während eines Fototermin bin ich aber immer in einem Dialog mit der portraitierten Person, vielleicht auch mit dem Ziel eine gewisse Nähe herzustellen, aber auch von dem potentiell unangenehmen Prozess fotografiert zu werden abzulenken.
„Das Bild ist ein Resultat des Dialoges von zwei Menschen und hat mehr mit Kommunikation zu tun als mit technischen Aspekten.“
Du fotografierst auf 6×7 im Mittelformat.
Seit 1989 benutzte ich Mittelformatkameras; wie oben beschrieben wegen ihrer feineren Zeichnung und differenzierteren Farbwiedergabe.
Das 6×7-Format finde ich für Portraits geeigneter als das quadratische oder das Kleinbild-Format – zumindest für meine Arbeit.
Fast alle meine Portraits sind mit einer Pentax 67/67II oder seltener einer Plaubel Makina 67 entstanden. Inzwischen hat sich meine Arbeitsweise aber geändert. (Mehr dazu weiter unten.)
Zu Eurer Frage „Why on Film“?
Ich komme ja noch deutlich aus der analogen Zeit und habe seit dem Studium immer meine Farbabzüge selbst abgezogen. Sowohl für meine freie Arbeit, aber auch für meine angewandte Arbeit, welche am Ende über die von den Auftraggebern bezahlten Fachlaborpreisen für Entwicklung, Kontaktabzüge und C-prints letztlich mein eigenes Farblabor finanziert hat.
Seit mindestens 12 Jahren geht diese Rechnung nicht mehr auf und spätestens ab dem Moment, als das letzte Labor in Köln die professionelle, tägliche und schnelle C41-Filmentwicklung eingestellt hat, hat sich für mir die Frage gestellt: „Warum noch auf Film?“.
Seit vier Jahren arbeite ich deshalb fast ausschließlich digital und zwar mit der Mittelformatkamera Fuji GFX 50s, die ein sehr ähnliches Bildformat hat.
Am Ende spielt es für mich keine Rolle, welches Bild analog und welches digital aufgenommen worden ist. Da ich meine Serie in einer Ausstellung nicht chronologisch ordne, können sehr frühe (analoge) Motive neben einem sehr neuen (digital aufgenommenen) Portraits hängen oder in einem Katalog (z.B. „Albrecht Fuchs. Album . Portraits 1989 -2020“ Verlag der Buchhandlung Walther und Franz König) nebeneinander angeordnet sein.
Welchen Einfluss hat die Technik auf deine Arbeit?
Ich versuche den technischen Bereich simpel zu halten. Es gibt aber seit Beginn meiner Portrait-Arbeit eine Konstante: Die Arbeit mit dem Stativ, vorhandenem Licht und in Farbe. In analogen Zeiten war das Stativ in Innenräumen wegen der längeren Belichtungszeiten eine Notwendigkeit. Es sorgt aber auch heute dafür, dass ich mich auf das Portraitieren und auf den Portraitierten konzentrieren kann.
Im Grunde hat sich meine Arbeitsweise, seitdem ich digital arbeite, nicht verändert und die Zahl der Aufnahmen, welche für ein Portrait entstehen, sind erstaunlicher Weise auch nicht größer als zu analogen Zeiten.
Kleine und mittlere Abzüge, für Ausstellungen oder Bildverkäufe aus meinem analogen Archiv, ziehe ich nach wie vor selbst in einem Mietlabor ab. Für größere Motive lasse ich die Negative scannen und Abzüge auf Fuji Crystal Archive belichten. Die analogen und digitalen Motive eint am Ende der C-Print als Bildträger.