Annika Weertz
Wir haben Annikas Arbeiten erst vor Kurzem entdeckt. Sie sind so anders, besonders, manchmal grafisch, eckig und wunderschön. Deswegen sind wir sehr froh, dass sie bei einem Interview dabei ist. Voila.
Wer ist die Person hinter der Kamera? Erzähl uns kurz von dir.
Ich heiße Annika Weertz, fotografiere schon lange, und habe vor 4-5 Jahren langsam angefangen ernsthaft an persönlichen Serien zu arbeiten und bin seit meinem Masterabschluss (technische Redaktion u. Multimediale Dokumentation) als freie Fotografin und hin und wieder als Fachjournalistin tätig.
Gab es einen besonderen Moment, der dich zur Fotografie gebracht hat?
Ich habe irgendwann einfach angefangen als ich 15/16 war und habe es sehr lange als Hobby betrieben, mal mehr mal weniger. Während des Bachelors (Geschichte und Fachjournalistik) hatte ich ein praktisches Fotoseminar, indem ich merkte, dass mich der eine Kurs wirklich viel mehr interessierte als der Rest des Studiums. Danach habe ich noch einen Master in technischer Redaktion und multimedialer Dokumentation gemacht, da ich irgendwie noch unentschlossen war wohin ich wollte nach der Uni. In dem sehr technisch orientierten Masterstudium habe ich versucht mich soweit es ging auf Fotografie, ob nun theoretisch oder praktisch, zu konzentrieren und habe jedes kreative Schlupfloch genutzt und so weit gedehnt wie es nur ging.
Mein Freund hat mich damals motiviert an freien Serien zu arbeiten und mich wirklich mit der Materie auseinanderzusetzen. Ich habe während des Masters dann meine erste Mappe gemacht und kontinuierlich an freien Projekten gearbeitet. Der Entschluss dann als Fotografin zu arbeiten, fiel mir dann am Ende sehr leicht. Seit Januar 2019 arbeite ich offiziell als freie Fotografin.
Meine Masterarbeit beschäftigte sich auch mit den qualitativen Unterschieden zwischen der Analog-und Digitalfotografie. Dabei ging es besonders viel um Langzeitarchivierung, die in der Digitalfotografie einfach noch nicht ausreichend gegeben ist. Die einfache Archivierung der Negative ist für mich auch ein Grund analog zu arbeiten.
Deine Fotografien wirken immer sehr authentisch. Wie schaffst du es so intime Momente festzuhalten?
Ich habe generell wenige Berührungsängste aber bin gleichzeitig auch nicht sonderlich fordernd. Ich lasse mich beim Fotografieren nicht wirklich schnell stressen, wenn ein Licht plötzlich ausfällt. Ich habe schon öfter gehört, dass die Menschen, die ich fotografiere, sich dabei entspannt und in sicheren Händen fühlen — auch wenn manche sonst eher ungern fotografiert werden. Ich denke, die innere Ruhe dabei und mir selbst Zeit zu lassen, führt dazu, dass die Leute sich entspannen. Manchmal treffe ich auch auf Personen, die mir unglaubliches Vertrauen entgegenbringen, weil sie meine Bilder kennen und mögen.
„Ich denke auch, dass ich intuitiv nur die Dinge festhalte, die sich eben authentisch und gut anfühlen. Drücke eher selten auf den Auslöser wenn es sich nicht richtig anfühlt. Generell fotografiere ich für freie Arbeit auch einfach die Menschen, die mir nah sind.“
Hast du eine Lieblingskamera oder Film?
Ich habe mir Anfang des Jahres eine Nikon F4 gekauft. Zuerst dachte ich, wie schön es sei analog endlich auch mit Autofokus arbeiten zu können aber ich nutze ihn doch nicht, da er mir zu langsam ist, große Überraschung bei dem Alter der Kamera ;-). Der Autofokus war aber schon zu Beginn der Hauptmotivator sie zu kaufen. Aber dennoch hat die Kamera etwas besonderes: sie war die erste Autofokus SLR von Nikon und daher ist sie ein Stück Kamerageschichte. Hinzukommt, dass sie von Giorgetto Giugiaro designt wurde. Er hat neben vielen Autos auch den DeLorean entworfen. Ich finde, dass man der F4 das starkt ansieht. Wäre auch verrückt wenn nicht. Als Designliebhaber war das tatsächlich das zweite starke Kaufargument. Ansonsten liebe ich meine kompakte Olympus Mju 1 und meine erste analoge Kamera, die mein Freund mir geschenkt hat: eine Nikon FG, die mich bisher noch nie im Stich gelassen hat (klopfe auf Holz).
„Was den Film angeht bin ich sehr treue Kodak-Kundin. Ektar hat es mir da besonders im Farbbereich angetan, bei Schwarzweiss komme ich immer wieder auf TriX 400 zurück.“
Welchen Einfluss hat die Technik auf deine Arbeit, wenn du analog fotografierst?
Es bedingt sich beides gegenseitig. So wie ich fotografiere, brauche ich eigentlich nie viel. Das einzige das wichtig ist, ist zu wissen, welcher Film in der Kamera ist und in welchem Licht ich mich befinde. Ich habe jetzt das erste Mal mit einer Rolleicord geschossen und bin unglaublich erstaunt, dass dadurch alles noch ruhiger wird als es eh schon war. Aber ich werde nicht unglaublich hektisch, wenn ich jetzt mit einer mju fotografiere, nur weil sie das erlaubt ;-).