Sebastian Schramm
Sebastian Schramm fotografiert seine freien Projekte ausschließlich analog. Das Warum könnt ihr in dem Interview nachlesen.
Du fotografierst analog in einer digitalen Zeit – warum?
Ich habe die Fotografie noch analog gelernt. Erst als Assistent und dann während meines Fotografie-Studiums an der Hochschule Darmstadt. Dann kam die Digitalisierung der Branche mit allen ihren Versprechen: Unendliche Aufnahmekapazitäten und fantastische Bearbeitungsmöglichkeiten. In der Realität kommt man mit tausenden Aufnahmen von einem Projekt zurück, sortiert Bilder Stunden oder Tage und verpasst der Auswahl schließlich aufwendig einen eigenständigen Look. Bei der analogen Fotografie ist das etwas anders. Mit etwas Erfahrung bestimmst du den Look durch die Wahl der Kamera, des Films und des Lichts. Man ist auch wesentlich konzentrierter und selektiver, wenn man nur wenige Aufnahmen auf einem Film hat. Letztendlich wird man mit einem Ergebnis belohnt, das nur schwer oder gar nicht digital reproduzierbar ist.
„Du bestimmst den Look durch die Wahl der Kamera, des Films und des Lichts.“
Wo findest du Inspirationen?
Im tagtäglichen Leben. Ich war schon immer jemand, der sehr gerne beobachtet. Dabei bleibe ich immer bei den Skurrilitäten und Widersprüchen hängen. In der Stadt, wenn die Planung aufbricht und etwas Eigenständiges entsteht. Bei ihren Bewohner mit ihrem Charakter, ihren Egos und ihrem Zusammenspiel. Am besten kann man das mit einem Stück angehaltener Zeit auf einer Fotografie dokumentieren. Die Kamera ist wie ein Brennglas und manchmal entdeckt man das Momentum erst auf der fertigen Aufnahme. Kleiner Nachtrag: Es gibt da noch eine nicht unerhebliche Masse an Fotobüchern in meinem Besitz. Das Buch ist das perfekte Medium für Fotografien. Nicht nur optisch und haptisch, sonder auch wegen der linearen Erzählweise des Autors.
Hast du eine Routine, die dich beim Fotografieren begleitet?
Ja, ich habe Lampenfieber. Vor der Arbeit gehe ich die vielen Details durch, die ich beachten möchte oder die ich vermeiden will. Ich spiele in meinem Kopf immer wieder einen fiktiven Ablauf ab. Ich versuche eine Beziehung zu den Leuten aufzubauen, die ich fotografieren will. Oder ich erschließe die Orte , bevor ich sie fotografiere. Bei den tatsächlichen Aufnahmen bin ich innerlich konzentriert. Und nach der Arbeit brauche ich erst einmal einen zeitlichen Abstand, um die Aufnahmen beurteilen zu können. Das ist das Gute an der analogen Fotografie: Es dauert so oder so ein paar Tage bis man die Ergebnisse sieht.
Gab es einen besonderen Moment, der dich zur Fotografie gebracht hat?
Das war kein bestimmter Moment, eher ein Prozess. Ich hatte das Glück aus einem Elternhaus zu stammen, das sehr fotoaffin war. Ich hatte schon sehr früh Zugang zu Filmen und Kameras. Aber ich habe mich erst in das Medium verliebt, als ich erkannt habe, das man damit Geschichten erzählen kann. Gesichten, die mit jedem Betrachter immer anders erzählt werden.
„Ich habe mich in das Medium verliebt, als ich erkannt habe, dass man damit Geschichten erzählen kann.“
Hast du eine Lieblingskamera oder Film?
Die Wahl der Kamera und des Films hat einen nicht unerheblichen Einfluß auf meine Fotografien. Jedes Projekt hat eine passende Technik. Deswegen kann ich keinen definitiven Liebling benennen. Aber die Pentax 67 mit dem 105 mm 1:2.4 war die erste Kamera, die ich mir für das Studium gekauft habe. Ich mag den Look sehr gerne, kommt einer Lieblingskamera ziemlich nahe. Leider gibt es nicht mehr annähernd soviel Auswahl bei Filmen wie in früheren Zeiten. Aber der Kodak Portra ist mit seinen Tönen, Farben und Eigenschaften definitiv mein am meisten eingesetzter Film.