Moritz Wahl
Moritz Wahls Bilder sind auf der einen Seite minimalistisch und doch vielschichtig. Er findet seine Motive in Industriegebieten, der Peripherie der Stadt und entdeckt dabei immer das Skurrile im vermeintlich Normalen. Wir lieben seine Kompositionen, die Haptik seiner Bilder und seine Antwort auf die Frage „Why on Film“.
Lieber Moritz. Wer bist du, warum fotografierst du und wie bist du dazu gekommen?
Ich arbeite als Architekt in der Schweiz, vorher in Japan. Fotografiert habe ich schon lange vorher, mal mehr, mal weniger ambitioniert. Einen bestimmten Moment gab es sicher nicht, es war eher ein ziemlich langer Prozess geprägt von Experimenten in alle möglichen Richtungen.
Als wir den ersten Film von dir gescannt haben, haben wir dich aufgrund deiner Bilder wiederkannt. Was macht den
Moritz Wahl Look aus?
Das müsste ich eher euch fragen, woran habt ihr meine Bilder erkannt? Ich denke es gibt zwei Eigenschaften meiner Bilder die eine gewisse Wiedererkennbarkeit provozieren könnten: die eine ist eher technisch, die andere inhaltlich. Technisch heisst immer im vertikalen Format, annähernd gleiche Brennweite und so gut es der analoge Prozess zulässt auch eine bestimmte Farbwiedergabe. Inhaltlich meine ich gibt es eine gewisse Verwandtschaft der Motive und das sehr Fragmentarische, Ausschnitthafte trägt wohl auch dazu bei. Beide Eigenschaften sind aber nicht per se besonders aussergewöhnlich, von daher denke ich spielt noch eine dritte, sehr persönliche Komponente eine Rolle: bei der Auswahl der Bilder die ich zeige bin ich extrem wählerisch und selbstkritisch. Die 99% an mittelmässigen Bildern die im Archiv landen würden sicher weniger zu einem erkennbaren Gesamtbild beitragen.
Unsere Interview-Reihe heisst ja „Why on Film“. Was uns zur unvermeidlichen Frage führt: Warum fotografierst du auf
Film?
Ich habe mehrmals versucht auf digital umzusteigen, aber irgendwie inspiriert es mich überhaupt nicht. Farben und Dynamikumfang spielen sicher eine Rolle dabei, es gibt zum Beispiel nichts Schlimmeres für mich als dieses gesättigte digitale Grün oder überbelichtete Lichter bei kontrastreichen Motiven. Mir ist schon bewusst, dass man das mit mehr oder weniger viel Aufwand auch digital korrigieren kann, aber genau das schon während des Fotografierens zu wissen nimmt mir eher den Spaß am Fotografieren.
„Es gibt aber auch einen Teil von dem ich überzeugt bin den man nicht oder kaum digital reproduzieren kann, der fast dreidimensionale Charakter den man in einem Mittelformatbild erkennen kann oder das reale Filmrauschen und die Textur die das erzeugt. Kurz gesagt finde ich in der Hinsicht das analoge Bild ein bisschen schöner als die Realität und das digitale Bild häufig ein bisschen zu Nahe an der Realität.“
Hast du eine Lieblings-Kamera und Film?
Contax T2/G2, Kodak Gold 200
Erzähle uns doch ein wenig über deine Art zu arbeiten. Hast du besondere Routinen?
Routine würde ich es sicher nicht nennen, ohnehin fotografiere ich viel zu selten. Es ist so eine Mischung aus Orte recherchieren und Spontaneität. Beides endet meist in Spaziergängen oder Fahrradtouren durch die Peripherie der Stadt.
Wo findest du Inspiration? Gibt es Vorbilder für dich?
Die Arbeiten von Tayo Onorato und Nico Krebs finde ich sehr spannend, insbesondere im Hinblick auf deren Experimentieren mit dem fotografischen Medium. Die Grenze zwischen ‚echter‘ Fotografie und gebautem Bild beschäftigt mich schon ziemlich lange. Vor Kurzem habe ich mit Versuchen begonnen mit Computerrenderings zu arbeiten, um Motive zu generieren, die ich sonst in der Realität suchen würde. Das technisch Reizvolle daran ist zum Beispiel eine nahezu unendlich grosse Auflösung des Bildes und was das bedeutet. Ansonsten schaue ich mir gerne Wolfgang Tillmans und Lars Tunbjörk an, von Vorbildern würde ich aber nicht unbedingt sprechen.
„Ich denke das Arbeiten und vor allem das Sehen und Beobachten als Architekt haben mich letztendlich mehr beeinflusst als bestimmte andere Fotografen.“
Und zu guter Letzt noch eine schwierige Frage: Was macht eine Fotografie zu einem guten Bild?
So allgemein in der Tat eine schwierige Frage. Ich denke ein gutes Bild, unabhängig vom Motiv muss schon etwas in einem bewegen. Technische Perfektion oder das bloße Abbilden von einer besonders schönen Landschaft würde ich nicht unbedingt als gutes Bild bezeichnen. Im Bezug auf meine eigenen Bilder würde ich sagen muss es den Betrachter Dinge hinterfragen lassen. Eine gewisse Unklarheit oder das Undefinierte sind dann spannender als das konkrete Abbild von einem bekannten Motiv. Auch deshalb bin ich zum Beispiel überhaupt nicht daran interessiert, bereits bekannte Architektur zu dokumentieren.